UNESCO-Weltkulturerbe-Bewerbung
Das Projekt seit der Idee zur Antragstellung
Die Idee eine Bewerbung zur Listung des Doberaner Münsters in das Weltkulturerbe der UNESCO zu stellen ist nicht neu. Bereits 1984 erwog die DDR-Regierung diesen Schritt, ohne das Wissen und die Einbeziehung der Kirche als Eigentümerin. Zu einem Antrag kam es aus gesamtgesellschaftlichen und politischen Gründen nicht.
In den 2000er Jahren wurde die Idee intensiv neu verfolgt, nun gestützt von starkem bürgerlichem Engagement. Vom 1.12.-3.12.2010 fand in Doberan auf Einladung der Stadt Bad Doberan ein internationales Symposium zum Thema: „Die Klöster Løgum, Doberan und Pelplin – Zeugnisse des Wirkens des Zisterzienserordens im nördlichen Mitteleuropa“ statt, das den Blick zunächst für die gemeinsam geplante serielle Bewerbung auf den UNESCO-Weltkulturerbetitel der Klöstern Løgum/Dänemark, Doberan und Pelplin/Polen aus wissenschaftlicher Sicht schärfte.
Im Mai 2012 erteilte der Landtag Mecklenburg-Vorpommern dem Vorhaben, die einzigartige hochmittelalterliche Innenausstattung ins Weltkulturerbe zu führen, ein eindeutiges Votum. Der Doberaner Welterbeantrag sollte für die deutsche Vorschlagsliste an die Kultusministerkonferenz weitergeleiten werden.
Im Januar 2013 wurde der formelle Antrag in Deutsch und Englisch mit Foto-CD fristgerecht beim Kultusministerium eingereicht. Im Jahr 2014 wurde die Doberaner Ausstattung von einem von der Kultusministerkonferenz berufenen Expertengremium allerdings nicht für Tentativliste nominiert. Ausstattungsstücke seien keine Kulturgüter gemäß der UNESCO-Übereinkommen, religiöses Erbe in Hinblick auf christliche Stätten kein Schwerpunktthema für die Tentativliste. Bewegliche Kulturgüter könnten nicht berücksichtigt werden. Die außerordentliche Bedeutung der Doberaner Ausstattung, so das Expertengremium sei jedoch unstrittig.
Bewerbung
Von der Idee bis zur Bewerbung
1984-2013: Die Idee eine Bewerbung zur Listung des Doberaner Münsters in das Weltkulturerbe der UNESCO zu stellen ist nicht neu, wurde aber erst seit dem Jahr 2005 intensiv und mit viel bürgerlichem Engagement verfolgt:
Bereits nach der ICOMOS-Tagung in Rostock im Jahr 1984 wurde das Doberaner Münster so wie das Schloss Sanssouci auf die Vorschlagsliste der DDR für die Welterbeliste gebracht. Über dieses Vorhaben war weder die Kirchgemeinde noch das Institut für Denkmalpflege Schwerin informiert. Die gesamte Liste wurde aufgrund der nicht garantierbaren freien Zugänglichkeit in die DDR und somit zu den potentiellen Welterbestätten durch die staatlichen Organe selbst zurückgezogen.
Erst im Jahr 2005 wurde das Vorhaben konkreter. Die Stadt Bad Doberan verfolgte seitdem gemeinsam mit der Münsterverwaltung der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde und dem Verein der Freunde und Förderer des Klosters Doberan e.V. das Ziel, die ehemalige Zisterzienserklosteranlage mit ihrer berühmten Klosterkirche als Welterbe anerkennen zu lassen.
Für die gemeinsame Tentativliste der Bundesrepublik Deutschland, die 1998 erarbeitet und für die Jahre 2000 bis 2010 verabschiedet wurde, konnte das Münster noch keine Berücksichtigung finden, da bis dahin noch keine Bewerbungsunterlagen erarbeitet werden konnten.
Bis zum Jahr 2011 wurde an einem international seriellen Antrag mit Dänemark und Polen gearbeitet zu den Klöster Pelplin (PL), Doberan (D) und Lügum (DK) – Zeugnisse des Wirkens der Zisterzienser im nördlichen Siedlungsraum. Dieses gemeinsame Projekt wird als Ergebnis eines Expertengesprächs nicht in dieser Form für das Welterbe weitergeführt, sondern durch die dänischen Partner für das neue Europäische Kulturerbesiegel vorgeschlagen, für das sich vorerst nur Lügum und Pelplin bewerben werden.
Für die Bundesrepublik Deutschland wurde eine neue Vorschlagsliste für das UNESCO-Welterbe erarbeitet. Dazu konnte jedes Bundesland bis zum 01.08.2012 bei der Kultusministerkonferenz zwei Vorschläge einreichen.
Für das Doberaner Münster ergab sich mit der Öffnung der deutschen Vorschlagsliste die Chance auf die neue Vorschlagsliste (Tentativliste) der Bundesrepublik Deutschland zu kommen. Der Landtag fasste im August 2012 einen positiven Beschluss zu diesem Vorhaben, nachdem die Bürger ihren deutlichen Willen dazu in einer Unterschriftenaktion deutlich machten.
In einem nächsten Schritt prüften in den Jahren 2013 und 2014 Teilnehmer einer elfköpfigen Expertenkommission die Bewerbungen.
Expertenmeinung
Experten befürworten Welterbebewerbung
Dezember 2010: Ein Symposium zum Wirken der Zisterzienser im nördlichen Mitteleuropa fand in Bad Doberan statt. Im Rathaus berieten ca. 20 Experten aus dem In- und Ausland über den Antrag zur Aufnahme in das UNESCO Weltkulturerbe.
In einem Expertengespräch wurden wichtige Fragen zu den Themen Architektur und Kunst, Geistesgeschichte und Spiritualität sowie Wirtschaft und Politik in Bezug auf die Antragstellung zur Aufnahme in das Weltkulturerbe diskutiert.
Viele Inhalte der bisherigen Antragsunterlagen wurden dabei bestätigt, zu anderen Aspekten gab es kritische Anmerkungen und Empfehlungen für Änderungen. Ziel müsse es sein, der vergleichenden Analyse mit anderen Klöstern bzw. bestehenden Welterbestätten Stand halten zu können.
In der Diskussion wurde deutlich, dass die hochgotische Ausstattung im Doberaner Münster nicht nur im zisterziensischen Kontext, sondern als Zeugnisse der mittelalterlichen christlichen Liturgie an oberer Stelle zu sehen ist. Dies betonte insbesondere Prof. Dr. Matthias Untermann aus Heidelberg.
Infolge der Tagung wurde weiter intensiv an den Antragsunterlagen gearbeitet.
Bewerbungsunterlagen
Aus den Bewerbungsunterlagen
Mai 2012: Einer der beiden Fachautoren in der Doberaner Arbeitsgruppe, Dr. Markus Hörsch (Bamberg / Leipzig), schreibt in der ausführlichen 45seitigen Anlage zur Begründung einleitend u.a.:
Die hochgotische Ausstattung des Doberaner Münsters bezieht ihre Qualität als Weltkulturerbe der Menschheit aus ihrer weitgehenden Erhaltung am originalen Standort. Glaubenswelt und Funktionsweisen einer hochmittelalterliche Klosterkirche lassen sich hier in einzigartiger Weise an Objekten ablesen, die in der höchsten zur Entstehungszeit erreichbaren Qualität geschaffen wurden.
Dem Antrag zugrunde gelegt wurden die Ausstattungsstücke von besonders herausragender Qualität und Bedeutung. Es sei aber nicht zu vergessen, dass sie zu einem noch wesentlich umfangreicheren Denkmal-Ensemble gehören. Erhalten sind u. a. die 1301 im Dachreiter über der Vierung aufgehängte Glocke, die für das Leben eines Konvents unabdingbar war, des Weiteren große Teile der farbigen Raumfassung und der ursprünglichen künstlerischen Fensterverglasung mit Darstellungen von Heiligen und einer Stifterin. Zahlreiche Grabmäler, Skulpturen und fragmentierte Altarretabel zeugen von der überreichen Memorialkultur, auf die hin die Abteikirche von Anfang an angelegt war.
In diesem Ausmaß und vor allem mit so frühen und qualitätvollen Stücken ist eine solche Ausstattung in keiner anderen Abteikirche des männlichen Zweiges des Zisterzienserordens erhalten – und dieser war einer der erfolgreichsten und am weitesten verbreiteten Orden des ganzen Mittelalters.
Der Autor hat 400 Männerabteien auf ihre bildliche Ausstattung hin untersucht. Unter diesen fanden sich nur ganz wenige mit ähnlich bedeutenden Ausstattungen, die aber alle nicht so repräsentativ und v. a. zumeist später zu datieren sind, so Altenberg bei Köln (Grabmäler, Glasmalerei), Eberbach im Rheingau (v. a. Grabmäler), Maulbronn (wegen seiner Klosteranlage bereits UNESCO-Weltkulturerbe, hinsichtlich der Ausstattung aber nicht so gut wie Doberan erhalten) oder Heilsbronn in Franken (mit einer umfangreichen, aber deutlich später zu datierenden Ausstattung).
Im Mutterland des Zisterzienserordens, Frankreich, ist überhaupt keine vergleichbare Anlage erhalten, zu nennen sind allenfalls spärliche Ausstattungsreste in der Kirche von Fontenay. Von den im Ostseeraum erhaltenen Klosterkirchen mit Resten der Ausstattung (Løgumkloster und Sorø in Dänemark, Pelplin in Polen) sind jeweils einzelne bemerkenswerte Stücke zu erwähnen, die z.T. ins Museum abwanderten (vgl. v. a. die Stücke aus Løgumkloster im Kopenhagener Nationalmuseum), doch keine Sachgesamtheit, wie sie Doberan aufzuweisen hat.
Die besondere Pracht dieser Stücke, v. a. des Kreuzaltars (Abb. Marienseite), belegt die königlichen Ambitionen des Hauses Mecklenburg, das in dieser Zeit nach den skandinavischen Thronen strebte. Dies fügte sich zudem in die weit gespannten Interessen Kaiser Karls IV. aus dem Hause Luxemburg (reg. 1347/48–78), mit dem die Mecklenburger eng verbunden waren. Diese politische Lage spiegelt sich im Stil der zweiten Ausstattungsphase, der deutlich an den Zentren damaliger kaiserlicher Macht, Prag und besonders Nürnberg, orientiert ist.
Begründung
Begründung des außergewöhnlichen universellen Wertes der Ausstattung
Mai 2012: Die Unterlagen wurden durch die Fachautoren und die Doberaner Arbeitsgruppe zusammengestellt. Dazu gehört eine Beschreibung des zu beantragten Gutes, die Begründung des außergewöhnlichen universellen Wertes, die Benennung der von der UNESCO geforderten Kriterien, die erfüllt werden, und eine vergleichende Analyse. Einige wichtige Aussagen aus diesen Unterlagen:
Fachautor Prof. Dr. Gerhard Weilandt, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald:
Beschreibung des zu beantragten Gutes
Die Klosterkirche von Doberan hat ihre hochgotische Ausstattung des 13./14. Jahrhunderts in singulärer Weise bewahrt. Der Mönchschor verfügt mit Hochaltarretabel, Sakramentsturm, Chorgestühl und Levitenstuhl, Kelch- und Kredenzschrank bis heute über seine wichtigsten Funktionselemente, ebenso der Konversenchor mit doppelseitigem Kreuzaltar, Triumphkreuz und Chorgestühl der Konversen. Zahlreiche Nebenretabel sind ebenso erhalten wie das Zifferblatt der mittelalterlichen astronomischen Uhr und ein aufwändig geschnitzter Marienleuchter. Die neben den liturgischen Anforderungen zweite zentrale Funktion einer Kirche als Begräbnisstätte ranghoher Persönlichkeiten ist durch das Grabmal der Königin Margarete von Dänemark und zahlreiche weitere Dynastengrabmäler dokumentiert. Sie belegen die dauerhafte Bedeutung und nachhaltige Wertschätzung des Ortes.
Begründung des aussergewöhnlichen universellen Wertes
Doberan bietet als einzige hochmittelalterliche Klosterkirche Europas die Möglichkeit, eine komplexe Kirchenausstattung in ihrer Gesamtheit zu erfahren, eingefügt in eine Architektur von kathedralem Anspruch, ausgeführt auf höchstem künstlerischen Niveau und mit sehr origineller Ikonographie. Teilweise handelt es sich um die ältesten bekannten Funktionselemente überhaupt, teilweise um einmalige Lösungen. Doberan ist das am besten erhaltene und damit zentrale Denkmal der kulturellen Erschließung des Ostseeraums im Mittelalter, gleichsam ein Schnittpunkt zwischen dem westlichen und östlichen Europa. In ihr verbindet sich in singulärer Weise die religiös-monastische Kultur der Reformorden mit fürstlicher Repräsentation im hochmittelalterlichen Europa.
Kriterien
Kriterien für das Welterbe der UNESCO, die erfüllt werden
Kriterium I: Ein Meisterwerk der menschlichen Schöpfungskraft darstellen
Einige herausragende Stücke der Doberaner Münsterausstattung gehören zu den frühesten bekannten Exemplaren von Funktionselementen, die später zum Bestandteil jeder anspruchsvollen Kirche wurden, so das Flügelretabel des Hochaltars und der Sakramentsturm. Andere Teile wie der Kelch- und der Kredenzschrank sind Elemente, die es sicher häufiger gegeben hat, die aber nur in ganz seltenen Ausnahmefällen erhalten blieben – für den Kredenzschrank existiert überhaupt keine Parallele. Der mit dem monumentalen Triumphkreuz verbundene doppelseitige Kreuzaltar ist unter den erhaltenen Denkmälern völlig einzigartig und war es nach unserer Kenntnis auch schon in seiner Entstehungszeit. Die künstlerische Qualität und die komplexe theologische Bildwelt aller Ausstattungsstücke stehen auf dem höchsten zeitgenössischen Niveau. Die Ausstattung von Doberan dokumentiert in diesen innovativen, teils singulären Einzelelementen bedeutende schöpferische Kraft.
Kriterium II: Für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf die Entwicklung der Architektur oder Technik, der Grossplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen
Die in Doberan überlieferte, künstlerisch hochbedeutende Ausstattung mit Skulpturen und Malereien des 13. und 14. Jahrhunderts stellt das am besten erhaltene Monument der kulturellen Erschließung des Ostseeraums im Mittelalter dar. Die Zugehörigkeit Doberans zur Sphäre des Reformordens der Zisterzienser bestimmte seine Vermittlerrolle an der Schnittstelle zwischen den alten Zivilisationszentren im Westen Europas und neu entstehenden Zentren im Osten (z.B. Pelplin/Polen, eine Tochtergründung Doberans). Die Reformorden prägten die Kultur des Ostseeraums maßgeblich und nachhaltig durch einen Kulturtransfer transnationalen Ausmaßes, den die Ausstattung von Doberan in einzigartiger Weise dokumentiert.
Kriterium III: Ein einzigartiges Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen
In der Ausstattung bedeutender Kirchenbauten kulminiert die künstlerische Leistung des europäischen Hochmittelalters. Dabei ist die Architektur ohne ihre zeitgenössische Ausstattung nur unzureichend zu verstehen. Diese ist nicht bloßer Schmuck, sondern existentiell, da erst die Ausstattung die Funktionsfähigkeit einer Kirche gewährleistet. Alle Bildelemente einer Kirchenausstattung spielten in ihrem räumlichen Kontext funktional und ästhetisch zusammen, bildeten einen gewachsenen Kosmos, ein Ensemble, dessen Einzelzeile untrennbar mit einander verwoben waren. Die meisten mittelalterlichen Klosterkirchen existieren heute nur noch als architektonische Hülle, von der originalen Ausstattung sind lediglich einzelne Elemente wie Skulpturen, Grabmäler, Glas-, Wand- oder Tafelmalereien oder auch eine Raumfassung erhalten, kaum je aber Beispiele aller dieser Medien konzentriert an einem Ort. In Doberan jedoch ist das originale komplexe Beziehungsgeflecht der reich dekorierten Funktionsräume in einzigartiger Weise und unmittelbar anschaulich erlebbar. Ohne Vergleich ist auch der durchgehende thematische Schwerpunkt der Bildthemen auf der Sakramentsfrömmigkeit mit der Verehrung des Leibes Christi, dem zentralen christlichen Heilserlebnis. Die Ausstattung entstand in der Blütezeit des Zisterzienserordens, der mit mehr als 700 Niederlassungen in ganz Europa vertreten war und zu den wichtigsten abendländischen Kulturträgern gehörte. Doch nicht nur im Zisterzienserorden ist die Ausstattung Doberans singulär, sondern auch in den übrigen geistlichen Orden. Es ist in Europa kein weiterer Denkmalkomplex der Hochgotik bekannt, der in ähnlicher Vollständigkeit und Qualität die kulturelle Tradition eines solchen Ordens dokumentiert. In ihrer Geschlossenheit ist die Ausstattung Doberans weit mehr als nur die Summe ihrer schon für sich genommen hochbedeutenden Einzelteile. Gutachter: Prof. Dr. Gerhard Weilandt (Greifswald)
Welterbeantrag
Welterbeantrag nach UNESCO-Standards eingereicht
Januar 2013: Formeller Antrag auf fünf Seiten in Deutsch und Englisch mit Foto-CD beim Kultusministerium fristgerecht eingereicht,
Nachdem 37 Bewerbungen bei der Kultusministerkonferenz eingingen, wurde schnell deutlich, dass ohne ausreichende formale Vorgaben an die Bewerber keine Vergleichbarkeit der Anträge möglich war. Im November 2012 fasste daher die Amtschefkonferenz der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland einige Beschlüsse zum weiteren Verfahren im Hinblick auf die Tentativliste zur Anmeldung zum UNESCO-Welterbe.
Für jede Stätte, die das Bewerbungsverfahren durchlaufen sollte, wurde eine auf fünf Seiten begrenzte Version des Tentativ List Submission Formats mit englischer Übersetzung und bis zu max. 20 Lichtbildern bis zum 01.02.2013 gefordert. Die neuerliche Vorlage sollte einheitliche Standards gewährleisten und schon den internationalen Anforderungen der UNESCO entsprechen.
Die am 15. Januar 2013 fristgemäß beim Kultusministerium eingereichten Unterlagen bestanden aus einem auf fünf Seiten begrenztes Antragsformular, jeweils in Deutsch und Englisch. Dies beinhaltete eine Beschreibung des zu beantragten Gutes, die Begründung des außergewöhnlichen universellen Wertes, die Erfüllung von Kriterien für die Beurteilung des außergewöhnlichen universellen Wertes, die Echtheit und Unversehrtheit sowie den Vergleich mit anderen Denkmälern. Als Fachautoren waren Prof. Gerhard Weilandt (UNI Greifswald) und Dr. Markus Hörsch (Bamberg/Leipzig) tätig.
Eine CD mit 20 Lichtbildern war der zweite wichtige Bestandteil des Antrags. Es wurden folgende Motive, vorrangig aufgenommen von Thomas Bachmann (Bamberg), einige von Fotograf Radovan Boček aus Prag neu aufgenommen: Außenansicht, Grundriss, Hochaltar, Kelchschrank geöffnet und geschlossen, Kredenzschrank, Gestühl der Priestermönche, Gestühl der Konversen, Grabmal der Königin Margarete, Sakramentsturm, Kreuzaltar Marienseite, Kreuzaltar Christusseite, Marienleuchter, Altar Tugendkreuzigung, Corpus-Christi-Retabel, Grablege Herzog Albrechts Oktogon, Mühlenretabel, Astronomische Uhr, Grabmal Albrechts und seiner ersten Frau. Alle Aufnahmen wurden mit einem deutschen und englischen Bildtext versehen und in eine durchgehende Gestaltung gebracht.
Martin Heider (Münsterverwaltung), 21. Januar 2013
Tentativliste
Doberaner Ausstattung nicht für Tentativliste nominiert
Ausstattungsstücke keine Kulturgüter gemäß UNESCO-Übereinkommen – Religiöses Erbe in Hinblick auf christliche Stätten von Anfang an kein Schwerpunktthema für Tetativliste – Bewegliche Kulturgüter können nicht berücksichtigt werden.
Die 346. Kultusministerkonferenz behandelte am 11. Juni 2014 die Fortschreibung der Liste der Kultur- und Naturgüter, die von der Bundesrepublik Deutschland zur Aufnahme in die UNESCO-Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt angemeldet werden sollen (Tentativliste). Beratungsziel war die Kenntnisnahme des Abschlussberichts des Fachbeirates zur Fortschreibung der deutschen Tentativliste und Beschlussfassung.
Der Fachbeirat war durch die Geschäftsordnung dazu aufgefordert, die in den Anträgen vorgeschlagenen Stätten den drei folgenden Kategorien zuzuordnen und innerhalb dieser eine Reihenfolge vorzunehmen:
Kategorie 1: außergewöhnlicher universeller Wert und die Erfüllung des Kriteriums „Filling the Gaps“
Kategorie 2: außergewöhnlicher universeller Wert
Kategorie 3: kein außergewöhnlicher universeller Wert
Hauptgründe zur Nichtnominierung des Doberaner Antrages
Bezugnehmend auf den 70seitigen Abschlussberichtes des Beirates führten zwei Hauptgründe zur Nichtnominierung des Doberaner Antrages:
1.) die thematische Schwerpunktsetzung durch den Beirat
2.) Ausstattungsstücke stellen keine Kulturgüter gemäß UNESCO-Übereinkommen dar
zu 1.) Thematische Schwerpunkte
Der Auftrag des Fachbeirates bestand insbesondere darin, Stätten zu identifizieren, die dazu beitragen können, unterrepräsentierte Kategorien der Welterbeliste zu stärken. Aus der Antragslage heraus stellte der Fachbeirat thematische Schwerpunkte zusammen, die in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen und Perspektiven für eine thematische Erweiterung der in der Liste bereits vorhandenen Stätten bieten. Viele dieser Themen können aus gesamteuropäischer Sicht als Bereicherung gesehen werden.
1. Kulturlandschaften
2. Modernes Erbe
3. Religiöses Erbe im Hinblick auf jüdische Stätten
4. Technisches/Industrielles Erbe
Religiöses Erbe in Hinblick auf christliche Stätten war kein Schwerpunktthema im Auswahlverfahren, was einen klaren Nachteil für die Doberaner Bewerbung bedeutet und damit gar keine Möglichkeit zur Unterschutzstellung der einmaligen Ausstattung bot. Diese Kategorienbildung war den Antragstellern, so auch der Doberaner Arbeitsgruppe und ihren Beratern nicht bekannt.
zu 2.) Ausstattungsstücke keine Kulturgüter gemäß UNESCO-Übereinkommen
Der Fachbeirat erkennt die besondere künstlerische und kunsthandwerkliche Qualität der Objekte an; ihr Gesamtzusammenhang ist ungestört und authentisch überliefert. Jedoch seien Ausstattungsstücke keine Kulturgüter gemäß der unter Artikel 1 des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt definierten „Monumente, Ensembles und Stätten“. Zudem umfasst der Antrag bewegliche Kulturgüter, die gemäß Operational Guidelines § 48 nicht berücksichtigt werden.
Die Fachberater der Doberaner Arbeitsgruppe sahen dies anders: Die Innenausstattung, meist am Originalstandort stehend, kann nicht losgelöst vom Bauwerk als bewegliches Kulturgut betrachtet werden. Diese Fragestellung wurde gründlich diskutiert und sollte an die entsprechenden Gremien und Vertreter des Beirates kommuniziert werden. Zudem zeigte man sich überzeugt, mit eben diesem Antragsgegenstand die geforderte "inhaltliche Lücke" ("Filling the Gaps") zu füllen, denn Kirchen und Klöster an sich sind auf der Welterbeliste überrepräsentiert, Ausstattungen wurden bislang noch nicht unter den Schutz der UNESCO gestellt.
Würdigung
Beirat würdigt Doberaner Ausstattung
Die besondere künstlerische und kunsthandwerkliche Qualität der Objekte sowie der ungestörte und authentische Gesamtzusammenhang der Ausstattung wird in der Einleitung zur Bewertung der Doberaner Bewerbung wie folgt gewürdigt:
"Der Antrag "Die hochgotische Ausstattung des Doberaner Münsters" schlägt für die Aufnahme in die deutsche Tentativliste die in der Klosterkirche vollständig erhaltene Ausstattung des 13./14. Jahrhunderts vor.
Dazu gehören im Mönchschor das Hochaltarretabel, das Sakramentshaus, das Chorgestühl und der Levitenstuhl, der Kelch- und Kredenzschrank sowie der Konversenchor mit doppelseitigem Kreuzaltar, Triumphkreuz und dem Chorgestühl der Konversen. Das Doberaner Münster selbst gehört zu den herausragenden Zeugnissen der Backsteinarchitektur in Europa. Der Fachbeirat erkennt die besondere künstlerische und kunsthandwerkliche Qualität der Objekte an; ihr Gesamtzusammenhang ist ungestört und authentisch überliefert."