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Historische Forschung, baulicher Zustand und Baupflege


Fürstliche Hofhaltung in Doberan lange vor dem Jahr 1793

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Fazit aus dem Vortrag „Historische Bezüge zwischen dem Kloster und Ort Doberan sowie dem ‚Heiligen Damm‘ vor 1793“.

Dieser Vortrag fand am 29.02.2024 in der Aula des Doberaner Gymnasiums statt. Der Einladung des Klostervereins folgten rund 120 Besucher in die somit vollbesetzte Aula.

Anhand von z. T. nicht bzw. kaum bekannten schriftlichen Quellen, historischen Karten und Ansichten stellte Münsterkustos Martin Heider dar, warum die Wahl Doberans als Ort der Sommerresidenz sowie Heiligendamms als Seebad 1793 wie eine logische Konsequenz erscheint.

Hier ein kurzes Fazit:

Die Chronologie der Ereignisse bezeugt: die Verbindungen zwischen dem Kloster und dem Fürstenhaus bestanden seit der Klostergründung im 12. Jahrhundert.

Der Erhalt der ehemaligen Klosterkirche und der Nebenbauten war mit großen Problemen verbunden. Alle regierenden Herzöge setzten sich seit der Mitte des 16. Jh. nachweislich für den Erhalt ein, so auch Herzog Karl (s. Abb. 2).

Die Errichtung des herzoglichen Schlosses um das Jahr 1590 ermöglichte repräsentativere Aufenthalte. Doberan hatte quasi bereits den Charakter einer „Sommerresidenz“.

Die Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg (1637/38) hätten beinahe zum vollständigen Verfall von Kirche und Nebengebäuden geführt.

Ab um 1707 war Doberan „herzogliche Residenz“ unter Herzog Karl Leopold mit entsprechender Hofhaltung. In diese Zeit fällt die Versetzung der beiden Retabel des Kreuzaltars in das westliche Joch des Münsters. Der Kirchenraum sollte offenbar den Ansprüchen einer „Hofkirche“ entsprechen. Die Bäckerei in der Backhausmühle wurde zur „Hofbäckerei“. Die Hofhaltung und Entwicklung des Orts blieben aufgrund der geringen Präsenz des Herzogs in Doberan überschaubar.

Aktenkundig war der Heilige Damm neben der Doberaner Kirche bereits um 1700 eine der „touristischen“ Hauptattraktionen. Die engen Verbindungen zwischen dem Fürstenhaus, Doberan und dem Heiligen Damm bestanden somit lange vor 1793.

Die Wahl Doberans als Ort der Sommerresidenz sowie Heiligendamms als Seebad im Jahr 1793 unter Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg (Abb.: Ahnenbild an der Westwand der Fürstenkapelle im Münster) erscheint wie eine logische Konsequenz.


 Martin Heider


 

Bedeutung des teilzerstörten Glasmalereifeldes aus der Zeit um 1300

Glasmalereifeld

Glasmalereifeld

Zustand bei einem Ortstermin in der Restauratorenwerkstatt 01.03.2023

Wiederholt wurde gefragt, warum das bei einem Einbruch im November 2021 stark beschädigte mittelalterliche Glasmalereifeld noch nicht fertiggestellt ist. Die komplizierte Restaurierung ist im Gange. Eine Stellungnahme von Dr. Markus Mock, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Corpus Vitrearum Medii Aevi, Potsdam, zeugt von der Bedeutung der Glasmalerei und der damit verbundenen besonderen Sorgfalt bei der Wiederherstellung:

Mit einer Entstehungszeit um 1300 zählen die gut 50 erhaltenen mittelalterlichen Glasmalereien [Fensterfelder] des Doberaner Münsters zu den ältesten Beispielen dieser Kunstgattung im nördlichen Deutschland. Aus historischer und kunsthistorischer Perspektive ist ihr Rang nicht hoch genug einzuschätzen, gehören doch die Ornament-, aber auch Figuren- und Architekturfelder zur bauzeitlichen, hochgotischen Ausstattung des Münsters, einer ehemaligen Zisterzienserklosterkirche, die von keinen Geringeren als den Herzögen von Mecklenburg als dynastische, repräsentative Grablege genutzt wurde.

Das Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland weiß um diese Bedeutung und setzt sich seit den 1980er Jahren für den bestmöglichen Erhalt der Glasmalereien und deren Erforschung ein.

Umso erschütternder war es zu hören, dass in der Nacht zum 01.11.2021 ein mittelalterliches Ornamentfeld (n XIV, 1a) bei einem Einbruchsversuch aus dem Verbund gelöst wurde und im Innenraum am Boden zerschellte. Wir empfehlen mit Nachdruck, dem Feld bei der anstehenden Restaurierung die größtmögliche Sorgfalt und Behutsamkeit zukommen zu lassen.

Wie generell bei derartigen Maßnahmen vorzugehen ist, legen die 2004 vom internationalen Corpus Vitrearum verabschiedeten „Richtlinien für Konservierung und Restaurierung von Glasmalereien“ fest (http://sgc.lrmh.fr/articles.php?lng=en&pg=67&mnuid=134&tconfig=0). Es dürfte jedoch außer Frage stehen, dass die Doberaner Scheibe aufgrund ihrer Prominenz einen Einzelfall darstellt und keine standardisierte, sondern vielmehr eine individuell ausgerichtete Lösung verlangt, an der zahlreiche Fachstellen und Institutionen beteiligt werden müssen.

Wünschenswert wäre etwa, dass Ergänzungen bzw. Rekonstruktionen das Erscheinungsbild des Feldes oder des Fensters von der Fernsicht aus nicht stören, bei Nahsicht jedoch eindeutig vom überlieferten Bestand zu unterscheiden sind. Jeder Eingriff am mittelalterlichen Bestand muss jedoch schriftlich dokumentiert werden und reversibel sein.

Angesichts der hochrangigen Stellung des stark beschädigten Glasmalereifelds muss die projektierte Restaurierung höchsten Ausführungsstandards genügen. Wie die übrigen überlieferten Doberaner Scheiben besitzt es nicht nur im Rahmen der gesamten mittelalterlichen Glasmalerei, sondern auch hinsichtlich seiner fürstlichen Stifter und der Kunst des Zisterzienserordens eine enorme Bedeutung in Fachwelt und Öffentlichkeit – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die anstehende Maßnahme sollte diesem Umstand in jeglicher Form gerecht werden, allein deshalb, um den entstandenen Schaden am Objekt so gut es nur geht zu beheben.


Dr. Markus Mock

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Corpus Vitrearum Medii Aevi, Potsdam

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