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Die Historie der Kloster-Jubiläen – Das Jahr 1921


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Bad Doberan mit seinem Stadtteil Althof, der Stelle der ersten Klostergründung, beging in den letzten 100 Jahren mehrere Kloster-Jubiläen bzw. Gedenken.

So gab es Jubiläumsveranstaltungen in den Jahren 1921 (750 Jahre) und 1971 (800 Jahre), basierend auf dem nicht eindeutig überlieferten Gründungsjahr 1171 im heutigen Althof. Die großen Feierlichkeiten 1986 (800 Jahre) und 2011 (825 Jahre) basieren auf dem Jahr der Neueröffnung des Klosters an heutiger Stelle im Jahr 1186, nachdem die Erstgründung einem Thronfolgekrieg zum Opfer fiel. Auf diese Frühzeit des Klosters soll heute nicht eingegangen werden, sondern auf das Jubiläum im Jahr 1921.

Damals beging Doberan mit diversen Feierlichkeiten und Veranstaltungen sein 750jähriges Jubiläum, im Verständnis eines Ortsjubiläums. Am 1. März, dem offiziellen Gründungstag des Klosters, fand um 10 Uhr ein Festgottesdienst mit Superintendent D. Kliefoth in der Kapelle zu Althof statt. Der Doberaner Kirchenchor sang. Abends 8 Uhr gab es im Rathaussaal zu Doberan einen Familienabend unter größter Beteiligung. Der Sängerbund sang unter Leitung des Lehrers Bura, der Kirchenchor unter Leitung von Organist Wierow. Es gab drei Ansprachen: 1. Doberan einst, 2. Doberan jetzt (Pastor Walter), 3. Doberan in Zukunft (Superintendent D. Kliefoth). Die Hauptfeier fand aufgrund der Witterung erst Anfang Juli statt.

Für den 1. März verfasste der Oberkirchenrat eine Grußbotschaft an die Gemeinde. Diese bezieht sich zunächst auf die Historie, um dann auf die Gegenwart zu kommen: „Aber wie die alte Kapelle zu Althof, so steht in hehrer Schöne, von kunstsinnigen Fürsten und Baumeistern gepflegt und verjüngt, in Doberan das alterhrwürdige Münster, und in beiden Gotteshäusern erschallt das lautere Gotteswort zur Erbauung der Gemeinde auf dem Grunde, der unbeweglich steht. Der allmächtige, ewigtreue Gott walte mit seinem gnädigen Schutz und Segen bis in fernste Zukunft über diese Stätten und lasse sie durch die Kraft des in ihnen verkündeten Evangeliums allezeit Quellorte freudigen Christenglaubens und Pflanzstätten christlicher Bekennertreue sein, dieser Erweisungen des heiligen Geistes, die wir in unseren Tagen zum kirchlichen Neubau wie zum Aufbau unseres zerschlagenen Vaterlandes dringender als je bedürfen. Der Herr höre und erhöre solchen Gebetswunsch, in dem der Oberkirchenrat sich mit der feiernden Gemeinde Doberan-Althof zusammenschliesst! Der Oberkirchenrat. Giese.“

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Althof wird in diesem Schreiben, mitunter auch in der Presse, wiederholt als Alt-Doberan bezeichnet, die Doberaner Kirche als Münster. Beides damals eher selten verwendete Begriffe. Am 19. Juni war Missionsfest in Althof für die Gemeinden Doberan, Althof und Hohenfelde, der unfreundlichen Witterung wegen in der Kapelle. Trotzdem herrschte recht guter Besuch. Ansprachen hielten Superintendent D. Kliefoth über den Spruch: „Ach daß die Hilfe aus Zion kam und Gott sein gefangen Volk erlösete!“, Hilfsprediger Stüwer: „Überblick über den gegenwärtigen Stand der Leipziger Mission“ und Pastor Walter über die Missionsarbeit der Gesellschaft „Licht dem Osten!“ unter den russischen Kriegsgefangenen. Die Kollekte für die Herstellung der Althöfer Orgel betrug brutto 187,85 Mark.

 

Die Jubiläumswoche vom 3. bis 8. Juli 1921


 Die Jubiläumswoche veranstaltete man vom 3. bis 8. Juli. Obwohl die Klostergründung auf den heutigen Stadtteil Althof zurückgeht, konzentrierten sich die Feierlichkeiten auf das Stadtgebiet Doberans.

Die Zeitungen berichteten umfänglich, zumeist in volkstümlicher Erzählweise, über die Geschichte und die Bauten Doberans, kaum jedoch über die Althöfer. Wiederholt verweist man auf die aktuelle „schicksalsschwere Zeit“ und damit auf den verlorenen Krieg und die Wirtschaftskrise.

Wenige Jahre nach dem Ende der Monarchie scheint man dieser durchaus nachzutrauern. Mitglieder der großherzoglichen Familie waren Ehrengäste der Feierlichkeiten.

Die Presse und Festreden thematisieren die großen Verdienste des Herzoghauses für Doberan. Laut dem Mecklenburger Fremdenblatt vom 30. Juni sei Doberan nach der glanzvollen Vergangenheit nun „eine stille träumerische Stadt. Es besinnt sich auf neue Aufgaben.“ Eine Rostocker Zeitung bezeichnet Doberan als „unser liebliches Nachbarstädtchen“.

 

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Aus zahlreichen Druckerzeugnissen, wie Programmblättern und Zeitungsberichten, sei hier auszugsweise aus der Festordnung zitiert:

Sonnabend 2. Juli. 8½ Uhr abends: Begrüßung der Gäste auf dem Kamp. Ansprachen. Promenadenkonzert.

Sonntag 3. Juli. 10 Uhr vormittags Festgottesdienst [die Kirche war überfüllt]. Rückmarsch mit Musik nach dem Kamp. 1 Stunde lang Promenadenkonzert. 12 Uhr mittags: Eröffnung der Kunstausstellung im Palais. 3-4 Uhr nachmittags: Großer Festzug durch die Stadt. 4 Uhr Festrede. Volksfest auf dem Kamp. 8 Uhr abends: Festvorstellung im Rathaussaal „Der Sieger“ von Erst Püschel [täglich bis zum 8. Juli]. 9½ Uhr: Illumination des Kamps. Promenadenkonzert.

Montag 4. Juli. 12-1 Uhr: Kirchenkonzert. 4-6 Uhr: Bunter Nachmittag („Frohe Stunden“) im Rathaussaal [auch am 5. Juli]. 6-7 Uhr Promenadenkonzert auf dem Kamp. Dienstag 5. Juli. 12-1 Uhr Promenadenkonzert auf dem Kamp [täglich bis zum 7. Juli]. Mittwoch 6. Juli. 4-6 Uhr: Kirchenkonzert.

Donnerstag 7. Juli. 2 Uhr: Abmarsch zum Kinderfest vom Markt.

Freitag 8. Juli. Nachmittags: Ausflug nach Heiligendamm. Gemeinschaftliche Kaffeetafel. Konzert.

Das Doberaner Schauspiel „Der Sieger“, aufgeführt im damaligen Rathaussaal, dem Festsaal im Großherzoglichen Palais, thematisierte den Sieg des Christentums über die Wenden in der Zeit der Klostergründung. Es spielten Doberaner unter Mitwirkung von Mitgliedern des Rostocker Stadttheaters unter der Gesamtleitung des Oberspielleiters Alfons Godard. Zu den Rollen zählten Gozzo der Wendenfürst, dessen Tochter Maltela, Abt Konrad, die Mönche Gotthold und Bertram, der alte Wende Radirak, Bischof Berno, ein Oberpriester, der Laienbruder Wernhard. Die großen Kirchenkonzerte leitete Organist Wiedow. Zur Illumination auf dem Kamp im Rahmen des großen Volksfestes glühten tausend Lichterflammen. Es erschienen Doberaner-Jubiläums-Notgeld-Scheine mit Entwürfen von Egon Tschirsch.

Martin Heider


Quellen: Akten aus dem Landeskirchlichen Archiv Schwerin, Pfarrchronik der Kirchengemeinde Bad Doberan 1899-2005.

 

 

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