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Herzogliche Gemächer und Memorialfenster


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Die Herzöge investierten in Doberan kurz vor Beginn der Reformationszeit nicht nur in den Kirchenraum und Memorialstiftungen, sondern auch in den weiteren Gebäudebestand. So sind etwa für 1516 Erneuerungsarbeiten an einem herzoglichen Gemach überliefert. Die Notiz liefert auch Angaben über die Gestaltungsvorlieben dieser Zeit, und benennt als ausführenden Handwerker den Tüncher Hans: „Es erhielt 1 gulden meister hans weis vnde swarz zu farwe [Farbe], sulthe der gnädigen hernn gemache zu Dobrann wis vnd swartz anstrichen.“.

Eine Handschrift Pastor Eddelins von 1664 nennt u.a. eine Inschrift aus dem Jahr 1528 und verweist damit auf herzogliche Gemächer im Klosterareal des frühen 16. Jahrhunderts, möglicherweise auch auf bauliche Investitionen. Diese Gemächer dürften im Bereich der Kreuzgangsbaulichkeiten bzw. im südöstlich angrenzenden Abtshof gelegen haben.

Genannt wird u.a. das „Gemach beym Reventher“, dem ehemaligen und noch bis zum Jahr 1662 vorhandenen Speisesaal der Chormönche. Zudem lässt sich aus einer weiteren Quelle, dem Inventar von 1552, erschließen, dass die Räume im Obergeschoss lagen. Das Inventar benennt die Ausstattung „oben in der Fürsten Gemachen“ mit Tischen, Bänken, usw.

Die von den Herzögen finanzierten Maßnahmen beschränkten sich nicht auf die eigenen Gemächer, auch die Klosterkirche wurde weiterhin gepflegt. Dabei steht die herzogliche Memoria im Vordergrund: So nennt die Kirchenbeschreibung Eddelins ein nicht erhaltenes (letztmalig bei KLÜVER 1728 und 1738 genanntes, aber vermutlich in jener Zeit nicht mehr vorhandenes) Fenster, das vermutlich im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts geschaffen wurde. In dem Fenster wurde die mythisch verbrämte Herkunft der mecklenburgischen Herzöge verherrlicht.

Eddelin überliefert 1664 die lateinischen Inschriften dieser Fensterfelder über dem Hochaltar, also dem östlichsten Hochchorfenster (Abb. - heutige Verglasung am Standort des verlorengegangenen Fensters):

„36. in Fenestra supra magnam Aram: Anthyrius Filius Alimeri in regno quartus; Ubertina Filia Regis Bethicæ Uxor Radagasi Regis; Amalasuntha Filia Regis Saxonum Uxor Wisimari; Wisimarus Alberici filius in Regno duodecimus.“

Auch für den Kreuzgang ist für das Jahr 1533 die Ausgestaltung mit Glasmalerei, die fürstliche Personen zeigte, bezeugt: Herzog Heinrich V. von Mecklenburg sandte Abt Nicolaus acht Bilder seiner Vorfahren, auf Leinwand gemalt, um diese auf seine Kosten in einem Fenster des Kreuzganges darstellen zu lassen. Der Abt stellte dem Herzog über den Empfang dieser Bilder eine Bestätigung aus. Der Abt trug die Kosten der Verpflegung, der Fürst übernahm die Bezahlung der Leistung.

Martin Heider

 


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