Friedensgebet: Aus der Kirche in die Freiheit


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Friedensgebet: 180 Besucher kommen ins Münster / Zeitzeugen teilen Erinnerungen aus dem Jahr 1989 an Proteste, Stasi und geflüchtete Verwandte

Das Friedensgebet im Münster anlässlich der Friedlichen Revolution in der DDR vor 30 Jahren liegt nun einige Wochen zurück. Mit diesem Beitrag aus der OSTSEE-ZEITUNG soll hier noch einmal an die Ereignisse von 1989 erinnert werden.

„Ich wollte Freiheit, deshalb war ich damals da“, sagt Katy Hoffmeister. Die heutige Stadtpräsidentin besuchte im Oktober 1989 das erste Friedensgebet im Bad Doberaner Münster. Dreißig Jahre später kamen am Freitagabend Zeitzeugen und Interessierte wieder zusammen, um ihre Erfahrungen und Erinnerungen zu teilen. „Damals kamen Hunderte“, sagt Martin Waak, 1989 Vikar in der Münstergemeinde. „Allerdings auch die Stasi.“ Ihm sind Flaschenwürfe in der vollen Kirche im Gedächtnis geblieben. Eine Gruppe der Jungen Gemeinde hätte sich daraufhin zusammengetan, die Störenfriede ausgemacht und kurzerhand einzeln vor die Tür gesetzt.

Zur Jungen Gemeinde gehörte damals auch Martin Mokosch. „Eine Stunde von Beginn des Gebetes wurden die Türen geöffnet – und von da an strömten unzählige Besucher ins Münster. Ich dachte damals, ,ich habe noch nie so viele Menschen gesehen’.“ Der heute 51-Jährige stand auch beim ersten Friedensgebet am Rednerpult, um von seinen Erlebnissen zu berichten. Er war im Oktober 1989 mit einem Freund bei einem Friedensgebet in Leipzig. „Danach strömte alles auf die Straße, etwa 120.000 Menschen waren an dem Abend friedlich unterwegs.“ In den Seitenstraßen jedoch standen Polizisten, bewaffnet mit Schutzschild und Gummiknüppel, und Wasserwerfer, die scheinbar nur auf ihren Einsatz warteten. „Das hatte ich nie zuvor gesehen“, sagt der Doberaner. „Ich habe inständig gehofft, dass alles friedlich bleibt.“

Die Geschichte von Martin Mokosch hörte 1989 auch Katy Hoffmeister. Die damals 16-Jährige war allein zum Friedensgebet gekommen. „Eigentlich wollte eine Freundin mitgehen, aber ihre Mutter hatte es verboten.“ Katy Hoffmeister erinnerte sich auch an Verwandte, die über die Grüne Grenze nach Ungarn geflohen sind, und eine Mitschülerin, die sich ohne ihre Eltern in die Prager Botschaft flüchtete. „Mir kam es so vor, als sprach alle Welt über uns, nur wir nicht. Wir waren es gewohnt, anders zu denken als zu reden.“

„Ich wusste“, sagt die Bad Doberaner Stadtpräsidentin, „dass durch die Teilnahme an einem Friedensgebet alle beruflichen und persönlichen Perspektiven kaputtgemacht werden konnten – und bin trotzdem hingegangen.“

Zu den etwa 180 Besuchern im Münster gehörte auch Christiane Rosenow. „Es war eine spannende Zeit, aber auch eine schöne“, sagt sie. Die Doberanerin war mit ihrem Mann bei den Friedensgebeten. Die Kinder blieben zu Hause. „Man wusste nie, was wird“, sagt Christiane Rosenow. „Ich habe meiner Tochter gesagt, wenn wir nicht wiederkommen, soll sie mit ihrem Bruder zu Oma und Opa gehen.“ „Wir haben uns damals gewundert, dass so viele da waren. Schließlich gab es ja eigentlich nur Mundpropaganda“, sagt die 65-Jährige, die am Freitag mit ihrer Enkelin Sarah ins Münster gekommen war. „Sie hat keine Vorstellung davon, wie das damals gewesen ist und wollte sich das mal anhören.“ „Es war schon heftig“, sagt die 18-Jährige. „Ich habe zwischendurch auch Gänsehaut gehabt.“ Und sie wisse nun mehr zu schätzen, was Jugendlichen heute alles möglich sei.

„Erich hat gesagt, die Mauer wird auch in 100 Jahren noch bestehen“, sagt Carl-Christian Schmidt, Pastor im Ruhestand. „Für junge Leute hätte das geheißen: Kein Jahr im Ausland, keine Reisen in die USA, nach England oder Neuseeland. Das wäre alles nicht möglich gewesen.“ Er denke aber auch daran, welche Folgen der Mauerfall hatte. „Was Menschen abverlangt wurde, als Arbeitslosigkeit um sich griff.“ Viele hätten es geschafft, manche spürten bis heute materielle und seelische Narben. „Die dürfen wir nicht vergessen.“

Es sei aber richtig gewesen, die Gunst der Stunde zu nutzen, zu beten und friedlich zu demonstrieren, um ein offensichtlich überlebtes und marodes System zu beenden. „Natürlich ist auch heute nicht alles Gold, was glänzt“, sagt Thomas Juergensohn, Pastor im Ruhestand. Ihm wurde damals der Wunsch verwehrt, Medizin zu studieren. Ungerechtigkeit und Unfrieden seien auch in der Bundesrepublik Deutschland keine Fremdwörter. „Ich glaube aber, der Staat macht verantwortliches Handeln in Freiheit möglich.“


Text und Fotos: Cora Meyer (OSTSEE-ZEITUNG Bad Doberan) 27.10.2019

 

 

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